Wahlfreiheit bei der Geburt - AsF setzt sich für Hebammen und Gebärende ein

Beitrag von Amely Weiß, Vorsitzende der AsF Nürnberg

  • von  Amely Weiß
    15.06.2011
  • Beiträge

Wahlfreiheit bei der Geburt - AsF setzt sich für Hebammen und Gebärende ein
Beitrag von Amely Weiß, Vorsitzende der AsF Nürnberg

Bei ihrem letzten Treffen haben die Sozialdemokratinnen Hebammen zum Gespräch eingeladen, um sich über die genauen Umstände der in Zeitungen dargestellten Nöte dieses Berufsstands zu informieren. Amely Weiß stellt empört fest: "Seit 100 Jahren haben nun Frauen das aktive und passive Wahlrecht, aber das Wahlrecht, ob sie ihre Kinder zu Hause, im Geburtshaus oder im Krankenhaus bekommen wollen, werden sie bald nicht mehr haben! Als Frauen, die für Frauen und Kinder arbeiten, werden Hebammen schlecht bezahlt und müssen sich horrend hoch versichern! Das ist Diskriminierung!"

Die Fakten erklärten die Hebammen Steffi Kunze, erste Vorsitzende der Hebammen Mittelfrankens und Susanne Weyhärter, stellvertretende Vorsitzende der Hebammen Bayerns:

Bei jeder Geburt muss eine Hebamme dabei sein. In Krankenhäusern sind Hebammen fest angestellt, aber schlecht bezahlt. Es gibt aber auch an Krankenhäusern freiberuflich arbeitenden Hebammen. Bei angestellten Hebammen kommen 118 Geburten auf eine Vollzeitkraft! Da ist es möglich, dass eine Hebamme sechs Geburten gleichzeitig betreuen muss.

Auch für die freiberuflichen Hebammen werden die Bedingungen Jahr für Jahr schlechter. Sie rechnen dir Geburtshilfe mit der Krankenkasse ab. Für Hausgeburten oder Geburten in Geburtshäusern müssen sie eine teure Haftpflichtversicherung abschließen. Die zu leistenden Versicherungsbeiträge stiegen in den letzten Jahren immens, weil zunächst nur die Familie versichert worden war (1997: Beitrag 357.- €)
Nach und nach machten aber auch die gesetzlichen Krankenkassen (!) ihre Ansprüche geltend, wenn ein Kind bei der Geburt einen bleibenden Schaden erlitten hat und dann noch die Rentenversicherung, sodass der Beitrag 2010 bei 3689.- € lag! Das kann sich eine Hebamme nicht mehr leisten, bei einem durchschnittlichen Verdienst zwischen 1400.- bis 1800 pro Monat. Dabei muss eine Hebamme 30 Jahre haften! (zum Vergleich: ein Banker muss nur 2 Jahre für seine Fehlleistung haften!)

Die drei Geburtshäuser in Nürnberg sollen nun geschlossen werden, weil es sich die Hebammen durch niedriges Einkommen und hohe Haftpflichtversicherung nicht mehr leisten können.

Und noch ein kurioses 100-jähriges Jubiläum: Die Reichsversicherungsordnung (RVO), nach der früher alle ärztlich Leistungen abgerechnet wurden, wird heuer 100 Jahre alt. Kurisosum: sie gilt nur noch für Hebammen!

Die AsF fordert zusammen mit den Hebammen:
vom Gesundheitsministerium:
1. Die Datenerhebung zur Einkommenssituation der Hebammen muss durchgeführt werden (ist in Vorbereitung, aber noch nicht in Auftrag gegeben)
2. Eine Lösung der Haftpflichtproblematik
3. mit den Krankenkassen die notwendigen Vorbereitungen treffen, dass bei der nächsten Gebührenverhandlung der Einkommensrückstand der Hebammen ausgeglichen wird und nicht wieder das Beitragsstabilitätsgesetz als Grund für unzureichende Erhöhung angeführt wird.
4. Überführung der Hebammenleistungen von der RVO in die Sozialgesetzbücher V und VIII

15. Juni 2011